Arbeitsbesuch im Revier

Für zweieinhalb Tage bin ich zum Arbeiten ins Revier gefahren. Am Mittwoch, einen Tag vor Halbmond habe ich auch nachts auf Schwarzwild angesessen. Der Himmel war ganz klar und das Licht auf der größeren Wiese am Eichenhain völlig ausreichend. Aber die Sauen kamen nicht. Ich hörte zwar vor mir im Wald stärkeres Wild ziehen. Wenn es jetzt nicht bald austritt, sondern weiter nach Süden bummelt, bekommt es bald Wind von dir, dachte ich mir so, als ich auch schon an den flüchtigen Schlusssprüngen erkannte, dass es ein einzelnes Stück Damwild war. War es ein junger Spießer? War es ein alleingehendes Schmaltier, das sich ohne seine Mutter nicht an ein Rudel anschließen kann? Die Frage, was da Wind von mir bekommen hat und im Dunkel des Waldes verschwand, lässt sich nicht beantworten.

Am Tag sah ich dann an frischen Trittsiegeln, dass Sauen in der Nacht doch noch gekommen waren. Eine Rotte mit einer starken Bache, mit Überläufern und Frischlingen. Vermutlich hat die Bache meinen Hochsitz umschlagen und erst als die Luft ganz rein und ich schon im Bett war, Erlaubnis zum Besuch der Kirrung gegeben. Aber auch Waschbären waren in dem Frühjahrsschlamm an der Kirrung zu fährten.

Mehrere Stunden habe ich dann fensterähnliche mit Kükendraht bespannte Rahmen gebaut. Einige unserer Hochsitze haben keine Fenster sondern nur offene Luken. Diese Hochsitze werden leicht als ideale Schutzräume von gefiederten Freunden zum Nestbau angenommen. Das Mieterschutzgesetz verbietet dann die Benutzung dieser Kanzeln zu ihrem eigentlichen Zwecke. Durch das Zuhängen der Luken mit den drahtbespannten Rahmen soll diesen Aktivitäten der Hausbesetzer entgegengewirkt werden. Schließlich ist es keineswegs so, dass in unserem Revier für Vögel Wohnungsnot herrscht. Unser Förster und seine Vorgänger haben schon immer totes Holz im Walde stehen lassen. Darüber hinaus gibt es Nistkästen genug. Wenn die Zeit der Wohnungssuche vorbei ist, überwintern die Rahmen dann bis zum nächsten Frühjahr in einem trockenen Keller.

Jetzt sind die Gabelweihen wieder da, und die wohl letzten Kraniche zogen Donnerstag über das Revier. Die Wildschweine haben verstärkten Bedarf an tierischem Eiweiß. Den decken sie gern in den zum Revier gehörenden Wiesen, wo sie unter der Grasnarbe nach den Larven der Wiesenschnake suchen. Die Wiesen sehen dann gar nicht mehr glatt und eben aus. Der Bauer muss zwar ohnehin die in diesem Jahr besonders häufigen Maulwurfshaufen einebnen, aber dass auch die Sauen Schaden machen, lässt sich nicht leugnen. Manches Stück von den Sauen hochgeworfene Grasnarbe habe ich wieder an Ort und Stelle festgetrampelt, und meine Mitjäger werden am Wochenende noch weiter mit Forken und Gummistiefeln Schäden beseitigen. Das werden sie dann in einer üblen Duftwolke tun müssen, denn ich habe jeden zweiten Zaunpfahl mit einem besonderen nur im Jagdfachhandel erhältlichen Parfüm eingesprüht. Diese Marke Parfüm haben die Wildschweine nicht so gern. Sie decken ihren Eiweißbedarf dann doch lieber im Walde. So eine Sprühdose ist zwar teuer, aber Wildschaden ist noch viel teurer.

Zwar behauptet die Vogelwelt, vom Grauspecht bis zum Kolkraben, der Frühling sei da, aber die Vegetation ist in diesem Jahr im Revier etwas später dran. Die Schneeglöckchen sind noch die einzigen Blümchen. Die Märzbecher und Primeln lassen noch auf sich warten. Aber wenn ich bald wiederkomme, werden die Knospen an den Bäumen schon wieder praller sein und Huflattich, Himmelschlüsselchen und Buschwindröschen werden den braunen Waldboden verzieren.

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